Baumkuchen
Frischer Baumkuchen ist schlicht das leckerste Gebäck der Welt, das man zu einer guten Tasse Tee oder Kaffee reichen kann. In Salzwedel sind heute drei unabhängige Baumkuchenbäckereien aktiv, die in die ganze Welt exportieren. Vereinzelt und auf Anmeldung werden dort Führungen oder Backkurse angeboten.
www.baumkuchen-salzwedel.de, info@baumkuchen-salzwedel.de, 03901–32306, St.-Georg-Straße 87, 29410 Salzwedel, Fr. Hennig. Sie hat die Fotoillustrationen zur Verfügung gestellt.
www.salzwedelerbaumkuchen.de, kontakt@salzwedelerbaumkuchen.de, 03931-699049, Tuchmacherstraße 59, 29410 Salzwedel, H. Bosse. Filiale in der Kl. St.-Ilsenstraße nahe der Stiftung.
www.baumkuchen-saw.de, info@baumkuchen-saw.de, 03901-34094, Salzwedeler Baumkuchen GmbH, Am Güterbahnhof 19, 29410 Salzwedel, Fr. Lehmann, Fr. Bachert.
Herstellung Um Baumkuchen zu backen wird ein Rührteig, die sogenannte Masse, mit einer Kelle auf eine drehende Walze aufgetragen, die von der Seite durch die Strahlung einer Flamme oder einer Heizfläche erwärmt wird. Die Walze ist von einem Motor angetrieben. Ihr Mantel besteht aus Hartholz, auf den Pergamentpapier aufgespannt ist. Die Wärmestrahlung bäckt bei jeder Walzenumdrehung eine dünne Schicht Masse zum wachsenden Baumkuchen hinzu. Überschüssige Masse tropft in eine Auffangpfanne unter der Walze. Sie wird mit frischer Masse vermischt und erneut mit einer Kelle auf die Walze aufgebracht. Die charakteristische Berg- und Tallandschaft eines Baumkuchenmantels ist der Viskosität und der Zähigkeit der Masse geschuldet, die vor dem Abtropfen von oben Masse nach unten nachzieht. Nach dem Abkühlen wird der Baumkuchen mit Zuckerguss oder Schokolade überzogen.
Baumkuchen werden am offenen Feuer gebacken. Manche Konditoreien backen auch mit Elektrizität oder mit Gas- oder Koksfeuerung.
Was macht Salzwedler Baumkuchen aus? Wer die Bezeichnung “Salzwedler Baumkuchen” tragen will muss (i) in Salzwedel backen, (ii) die Masse mit einer Kelle von Hand aufbringen und (iii) eine rotierende Walze verwenden. (iv) Kämme zum Glätten des Mantels sind bei Salzwedeler Baumkuchen untersagt. Jedes verkaufte Stück ist ein Unikat in Raum und Zeit. Das Rezept der Masse ist nicht vorgeschrieben. Gleichwohl hat ein Herr Schernikow im Jahr 1807 ein unverbindliches Standardrezept geschrieben.
Erste Erwähnung des Baumkuchens Der Hofmedicus des Großen Kurfürsten, Johann Sigismund Elsholz, erwähnte den Baumkuchen erstmalig im Jahr 1682 in einer Schrift, die sich im historischen Archiv einer Berliner Konditorei befindet. Sie trug den Titel „Gewürztes Brot und von allerhand Gebackenes“ und beschrieb ein Berliner Spezialgebäck, einen großen Kuchen, das „Placentae cylindricae“ oder „Baumkuchen“ genannt wurde. Quelle: Dr. Franz Lederer, Berliner Lokalanzeiger Nr. 575 vom Sonntag d. 4.12.1932, 1. Beiblatt.
Wie kam der Baumkuchen nach Salzwedel? Im 18. Jahrhundert war Ernst August Garves ein Küchenmeister in Diensten des preussischen Prinzen Markgraf von Schwedt. Er quittierte dort den Dienst und zog nach Salzwedel, wo er die Bewirtschaftung des Neustädter Kellers, übernahm. Seine zweite Tochter Christiane Charlotte Elisabeth heiratete im Jahr 1801 den Stadtmusikus Johann Joachim Friedrich Lentz. Im Jahr 1820 kaufte Lentz den Neustädter Keller von der Stadt. Nach dem Tod ihres Mannes führte Madame Lentz die Wirtschaft gemeinsam mit ihrer Tochter Louise weiter. Louise stieß beim Durchforschen des vom Großvater geschriebenen Kochbuchs auf die Kunst des Baumkuchenbackens. Als König Friedrich Wilhelm IV. am 26. Mai 1841 Salzwedel besuchte, gab die Stadt ein Essen, zu dem auch Baumkuchen gereicht wurde. Der Kuchen schmeckte dem König so gut, dass er darum bat, den Rest für seine Gemahlin mitnehmen zu dürfen.
Wie kam der Salzwedeler Baumkuchen in die Welt? Louise Lentz sandte zu Weihnachten 1841 einen Baumkuchen an den Hof nach Berlin und erhielt als Gegengabe ein Service aus Meißner Porzellan. Bald folgten Bestellungen aus Wien und Sankt Petersburg. Der Baumkuchen schlug international ein. In Salzwedel schaute sich der Konditorsohn Andreas Fritz Schernikow die Kunst der Baumkuchenbäckerei ab. Am 22. November 1865 weilte König Wilhelm I. in Salzwedel. Zum Festessen in der Propstei, dem heutigen Danneil Museum, hatte Schernikow einen verzierten Baumkuchen geliefert, den er vor dem König aufschneiden sollte. Schernikow wurde daraufhin zum Königlichen Hoflieferanten ernannt. F. Schernikow verstarb 1875. Sein Geschäft übernahm sein Neffe Fritz Gerecke. Ein anderer Neffe, der Sohn von A.F. Schernikows Bruder Karl, Emil Schernikow, gründete an der Ecke Gr. St. Ilsenstraße – Schulwall eine Konditorei und Baumkuchenbäckerei. Zur Hofjagd in Letzlingen im Jahr 1878 lieferte er einen reichhaltig verzierten Baumkuchen, woraufhin ihn Kaiser Wilhelm zum Königlichen Hoflieferanten ernannte. Emil Schernikow und sein langjähriger Werkmeister Deeling haben den Salzwedeler Baumkuchen letztlich zu Weltruhm geführt.
Text: E. Reihlen. Quellen: Hansestadt Salzwedel, Manfred Lüders, Salzwedel